„Nicht selten wird die Tat zur therapeutischen Maßnahme erklärt“
Der Gynäkologe, der heimlich Patientinnen filmt, der Anästhesist, der Frauen in Narkose sexuell missbraucht, der Urologe, der während der Behandlung übergriffig wird – warum erschüttern uns solche Fälle so stark, Frau Roßmanith? Weil wir in der Regel zu Ärzten ein besonderes Vertrauensverhältnis haben. Wir ziehen überhaupt nicht in Erwägung, dass unter ihnen einer sein könnte, der dieses Vertrauen ausnutzt für seine eigenen Bedürfnisse. Das liegt auch daran, dass Patienten Ärzte oftmals überhöhen. Sie meinen, dass sie in ihnen die Halbgötter in Weiß sehen? Je kränker der Mensch ist, umso mehr idealisiert er den Arzt. Denn Heilung braucht Vertrauen. Man überhöht den Mediziner, damit man ganz sicher das Gefühl hat: Er weiß, was er tut, ich kann mich ihm ausliefern. Man müsste also misstrauischer sein? Solche Fälle kommen ja nicht häufig vor. Aber man sollte zumindest…