art Magazin

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, als wir im letzten Jahr die Titelgeschichte dieses Heftes ins Auge fassten, war von der großen Verunsicherung angesichts der Künstlichen Intelligenz noch wenig zu spüren. Zwar waren die digitalen Bildgeneratoren schon in aller Munde, die wie mit Zauberhand beliebige Welten erschaffen – aber erst mit der Veröffentlichung von Textgeneratoren wie ChatGPT begann die reale Welt zu ahnen, dass etwas Neues beginnt, von dem wir noch nicht wissen können, wohin es uns führen wird. Wird es den Kopfarbeitern so ergehen wie den Handwerkern in der industriellen Revolution? Hält die Demokratie der Flut von maschinell erzeugter Meinung stand? Wie steht es um das Selbstbewusstsein, wenn wir erst nicht mehr die Klügsten auf dem Planeten sind? Von Erlösungsfantasien bis Endzeitstimmung ist im Moment alles zu haben. Auch mit Bildgeneratoren lassen sich…

Können Sie sich den Grund für den vereinten Streifenlook der art-Redaktion denken? Richtig, wir haben auf das Erscheinen unseres art-Spezial Picasso angestoßen. Anlässlich von Picassos 50. Todestag präsentieren wir den Großmeister der Moderne mit einem ganz neuen Blick. Wir gehen dem Geheimnis um den weltweiten Picasso-Kult mit klaren Fragen auf den Grund: Wie ging diese steile Karriere vonstatten? Wie wurde aus einem mittellosen Spanier ein steinreicher Bewohner der Côte d’Azur? Warum ist er der Inbegriff des Genies? Aus welchen Quellen hat er sich eigentlich bedient? Und wie war es, von ihm porträtiert zu werden? Außerdem erklären wir wichtige Werke als Mini-Meilensteine und beschäftigen uns kritisch mit seinem Verhältnis zu Frauen. Anhand einer Karte können Sie Ihre eigene Pilger-Tour durch Spanien und Frankreich real oder im Geiste planen. Sollten Sie ein Abonnement…

Inspiriert von der Lehrerin »Picasso« – das ART-Spezial 2023 Seit meinem 17. Lebensjahr, inspiriert von meiner damaligen Kunstlehrerin, bin ich eine Picasso-Anhängerin und habe fast alle Stätten seines Wirkungskreises und Ausstellungen besucht. Herzlichen Dank für diese tolle Sonderausgabe. ELKE SCHAUER, PER E-MAIL Gewalttätige Perspektive »ART-Kuratorenpreis. Die Ausstellung des Jahres 2022« – die Nominierten (4/2023) Die Wahl der Ausstellung »Susanna – Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo« im WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUM in Köln hat mich stutzig gemacht. Denn natürlich hebt diese Ausstellung ein relevantes, kunstgeschichtliches Motiv auf die Bühne, doch reproduziert sie eine gewalttätige Perspektive auf Frauen, Frauenkörper und sexuelle Gewalt, die so nicht stehen gelassen werden kann. PAULINE EVERS, PER E-MAIL Was dahintersteckt »Die Kraft der Wärme« – Manuel Meyer über Bildhauer Gabriel Chaile (5/2023) Ich hatte den Chaile-Raum auf der VENEDIGBIENNALE gesehen und bin da nur schnell durchgerauscht. Toll, dass…

In Stein gemeißelt Wie ein neuzeitlicher ägyptischer Tempel wirkt der Bau, den Lauren Halsey (*1987) da auf die Dachterasse des New Yorker metropolitan museum setzte, übersät mit Protestsprüchen und Botschaften der Solidarität, die wie moderne Hieroglyphen in der Sonne glühen. The eastside of south central los angeles hieroglyph prototype architecture (I) ist eine Hommage an ihren multiethnischen Heimatstadtteil, dessen bemalte Wände und Beton-Utopien der sechziger Jahre sie selbstbewusst in einen überzeitlichen Kraftort verwandelt. Denn Halseys Tempel soll weiterleben: Nach dem Abbau hier soll er in einem Gemeinschaftszentrum in Los Angeles wieder erstehen. Schönheit nach Sendeschluss Ein scheinbar zufällig generierter, ewiger Scroll durch die ganze Farbwelt eines LCD-Monitors: Rafaël Rozendaals Fear of Choice (2021) zieht da gerade einen Besucher mit hypnotischem Sog in seinen Bann. Die Installation, aktuell Teil seiner Personale im museum folkwang…

Die an einem Hubschrauber montierte Kamera gleitet langsam hoch über eine vorstädtische Landschaft. Vogelgezwitscher, leiser Straßenlärm. Im Hintergrund tauchen Hochhäuser auf. Die Kamera überfliegt sie und beginnt fast unmerklich ihre Fahrt nach unten. Zwischen den weißen Gebäuden ragt ein pechschwarzer Turm – wie eine abgebrannte Fackel – in den Himmel. Hier ist etwas vollkommen Unvorstellbares passiert. In der Nacht zum 14. Juni 2017 brach im Londoner Grenfell Tower ein Großbrand aus. Der britische Künstler Steve McQueen, der für seine einnehmenden, engagierten Videoarbeiten bekannt ist, drehte einen Film darüber – fünf Monate nach dem Brand, bevor der schwarze Turm mit einer weißen Folie umhüllt wurde. Er wollte, so sagt er, das Vergessen des Unglücks verhindern und den Opfern, ihren Familien und der Nachbarschaft ein Denkmal setzen. So widmete er seinen Film den…

Zugegeben: Es ist immer einfach, sich über Damien Hirst lustig zu machen. Im Lauf seiner jetzt schon drei Jahrzehnte andauernden Karriere hat der Ex-Young British Artist schließlich immer wieder sein Publikum verstört und damit verlässlich Kritiker auf die Palme gebracht. Egal, ob mit dem Töten von Haien, Kühen oder Schafen für seine Kunstwerke, das ihn einst auf die große Bühne katapultierte, oder dem Diamantenschädel For the Love of God, der 2007 angeblich zum teuersten Kunstwerk der Welt wurde. Egal, ob mit der totalen Kitsch-Breitseite seines Atlantis-Themenparks Treasures from the Wreck of the Unbelievable 2017 in Venedig oder mit seiner jüngeren künstlerischen Neuerfindung als Maler belangloser Kirschblüten-Gemälde. Hirst bietet gern Angriffsfläche und verwandelt kritischen Gegenwind stets mühelos in Kapital. Denn auch wenn Hirsts Aktionen nicht immer künstlerisch ins Schwarze treffen: Sein…