Den Begriff „Zinsangst“ habe ich ehrlich gesagt nie verstanden. Warum vor Zinsen Angst haben? „Zinsangst ist zurück“, lautete eine Schlagzeile, die man vergangenes Jahr immer wieder las. Oder „Zinsangst setzt dem Dax zu“.
Natürlich ist mir klar, was mit dem Begriff gemeint ist: Wenn die Zinsen steigen, geraten Aktien unter Druck – weil die Märkte damit rechnen, dass die Gewinne der Unternehmen künftig sinken. Weil Papiere mit weniger Risiko sich wieder lohnen. Weil Investoren nicht mehr so viel Geld in Wachstumshoffnungen in der fernen Zukunft stecken wollen, sondern in die schnöden Erträge der Gegenwart. Wenn die Notenbanken die Geldpolitik straffen und die Zinsen anheben, wird wieder mehr gerechnet und weniger geträumt. Der Begriff „Zinsangst“ bekam 2022 unerwartet aber noch einen ganz anderen Kontext: Es war immer klar, dass es ruppig und turbulent zugehen würde, wenn die Zentralbanken nach Jahren von Null- und Negativzinsen die Zinsen wieder anheben. Doch niemand ahnte, in welchem Tempo vor allem die US-Notenbank Fed gezwungen sein würde, dies zu tun…